Landwirte können nicht nur Protest, sondern auch Dialog: Zum traditionellen Neujahrsempfang der Kreislandvolkverbände Friesland und Wesermarsch im „Schützenhof“ in Jaderberg hatten die Mitglieder Gelegenheit, mit Bürgermeistern, den beiden Landräten, Vertreterinnen und Vertretern aus Politik, Verwaltung und der Wirtschaft ins Gespräch zu kommen. Christian Dürr, Vorsitzender der FDP-Bundestagsfraktion, hielt den Gastvortrag. Im Anschluss stellte er sich gemeinsam mit seinen Bundestagskolleginnen Siemtje Möller (SPD), Susanne Mittag (SPD und landwirtschaftliche Sprecherin ihrer Fraktion) sowie Anne Janssen (CDU) den Fragen des Publikums. Bündnis 90/Die Grünen war nicht vertreten, da die Abgeordnete Christina-Johanne Schröder aus Berne krankheitsbedingt absagen musste.
Natürlich ging es auch an diesem Abend um das Thema Agrardiesel, das der Auslöser der jüngsten Proteste gewesen war. Frieslands Kreislandvolk-Vorsitzender Lars Kaper erinnerte daran, dass ja zusätzlich zum Wegfall der Steuererstattung auch die CO2-Abgabe auf Kraftstoffe den Diesel verteuere. In Summe mache das 700 Millionen Euro aus – die höchsten Abgaben auf Agrardiesel in ganz Europa. „Warum ist es in dieser Frage nicht das Ziel, zu einer europaweit einheitlichen Regelung zu kommen?“, fragte er in Richtung der Abgeordneten.
Diese Frage blieb zwar unbeantwortet, stattdessen sprach sich Christian Dürr aber für eine Entlastung an anderer Stelle aus: Landwirtschaftliche Betriebe sollen – analog zur Unternehmensbesteuerung – bei der Einkommensteuer von der Tarifglättung profitieren, die ihnen ermöglicht, stärkere Wirtschaftsjahre mit einer höheren Steuerlast durch schwächere Wirtschaftsjahre mit einer niedrigeren Steuerlast auszugleichen. Auch Siemtje Möller und Anne Janßen stellten sich hinter diesen Vorschlag; Susanne Mittag betonte hingegen, über das Thema solle nur im Paket mit sechs weiteren Punkten zur Zukunft der Landwirtschaft entschieden werden, die sich die Ampel-Koalition bis zur Sommerpause Ende Juni vorgenommen hat.
Auch bei anderen Themen wurde deutlich, dass die Interessen der Ampel-Parteien SPD, Grüne und FDP in Punkto Landwirtschaft weit auseinandergehen. Beispiel Tierwohl-Abgabe, die Landwirtschaftsminister Cem Özdemir (Bündnis 90/Die Grünen) erneut ins Gespräch gebracht hatte: Während Susanne Mittag und die SPD hinter der Abgabe stehen, sieht Christian Dürr hier in erster Linie den Handel in der Pflicht, höhere Tierwohl-Standards am Markt durchzusetzen und auch zu refinanzieren: „Wir müssen aufpassen, dass das nicht die Landwirtschaft selbst bezahlt, indem es in die Erzeugerpreise eingepreist wird.“ Diese Gefahr sieht auch Lars Kaper und empfiehlt: „Finger weg von weiteren Abgaben zu Lasten der Landwirtschaft.“
Bei der Düngeverordnung oder dem Einsatz von Pflanzenschutzmitteln sieht es ähnlich aus, und auch beim Moorschutz nimmt Dr. Karsten Padeken, unser Vorsitzender im Kreislandvolkverband Wesermarsch einen Stillstand wahr: „Diese Unsicherheit, was jetzt eigentlich kommen soll und wer davon betroffen sein wird, ist fatal für unsere Betriebe. Auf dieser Grundlage will und kann niemand mehr investieren. Wir brauchen möglichst schnell Klarheit, was bei uns im Landkreis überhaupt möglich ist. Eine klimaangepasste Milchviehhaltung auf Moorböden und das Thema Deckkulturen müssen dabei weiter im Gespräch bleiben.“