Grünland mit Kühen

Moorvernässung: Studie untersucht wirtschaftliche Auswirkungen

Aus entwässerten Mooren entweicht CO2, und das in erheblicher Menge – in Niedersachsen machen diese Emissionen elf Prozent des gesamten CO2-Ausstoßes aus. Im Bundes-Klimaschutzgesetz aus dem Jahr 2021 ist daher festgelegt, dass diese Emissionen bis zum Jahr 2045 komplett beendet werden müssen, was nur durch eine Wiedervernässung von einem großen Teil der Moorflächen zu erreichen ist.

Das Grünlandzentrum Niedersachsen-Bremen hat jetzt in einer Studie erstmals Zahlen vorgelegt, welche wirtschaftlichen Folgen dieses Einspar-Ziel für die Region Nordwest-Niedersachsen, in denen sich besonders viele Moorflächen befinden. Und diese Zahlen haben es in sich: Betroffen wäre allein in der Wesermarsch eine Fläche von 13.400 Hektar, das derzeit hauptsächlich als Dauergrünland zur Milcherzeugung genutzt wird. Das entspricht rund 30 Prozent der gesamten Grünlandflächen im Landkreis. Bei einem geschätzten Besatz von 1,3 Milchkühen pro Hektar tragen auf diesen Flächen zusammen rund 17.400 Kühe zur Wertschöpfung bei.

Die derzeitigen Pläne der Politik auf Bundes- und EU-Ebene sehen vor, den Wasserstand in den Moorgebieten so zu erhöhen, dass die Milchproduktion dort vollständig aufgegeben muss und nur noch Paludikultur oder Mutterkuhhaltung möglich sein würde. Dies hätte natürlich einen erheblichen Verlust der Wertschöpfung zur Folge: Je nach Bewirtschaftungsart stünde ein Produktionswert zwischen 33 und 47 Millionen Euro pro Jahr zur Disposition. In der Landwirtschaft würden zwischen 250 und 420 Arbeitsplätze wegfallen, zusammen mit dem vor- und nachgelagerten Bereich sogar zwischen 2.100 und 3.350 Arbeitsplätze. Der damit verknüpfte Wertverlust der landwirtschaftlichen Flächen wird auf bis zu 175 Millionen Euro geschätzt.

Schon diese wenigen Zahlen machen die Dimension des Projekts „Wiedervernässung von Moorflächen“ deutlich, von der die breite Öffentlichkeit bisher noch kaum Notiz genommen hat. Und die Kosten, die für den erforderlichen Umbau der wasserwirtschaftlichen Infrastruktur erforderlich werden, sind noch gar nicht in die Rechnung eingeflossen – ganz abgesehen davon, dass sich ja auch viele Siedlungen und andere Wirtschaftsbetriebe in den Moorgebieten befinden und ebenfalls betroffen wären. „Der ökonomische Aufwand zum Ausgleich entstehender Einkommens- und Vermögensverluste erfordert ein weit höheres Budget als zurzeit veranschlag“, konstatiert die Studie des Grünlandzentrums.

Als alternative Nutzungsart für wiedervernässte Moorflächen werden oft Paludikulturen ins Spiel gebracht. Auch hierfür nimmt die Studie eine ökonomische Bewertung vor: Allein für die Flächeneinrichtung und das Wassermanagement wird von einem Finanzierungsbedarf von durchschnittlich 14.000 Euro pro Hektar ausgegangen. Die Einrichtung von Torfmoos-Kulturen auf Hochmoor, die als Torfersatz für den Gartenbau dienen könnten, soll sogar mit rund 50.000 Euro pro Hektar zu Buche schlagen. Im Moment gibt es allerdings noch keinen Markt für Produkte aus Paludikulturen. Angesichts des hohen Handlungsdrucks empfiehlt die Studie daher, weiter an schwach torfzehrenden herkömmlichen Nutzungsformen mit Weidehaltung festzuhalten. Dieser Ansatz bringe schnellere Effekte der Treibhausgaseinsparung und stelle die landwirtschaftlichen Betriebe vor weniger Probleme in der betrieblichen Umstrukturierung.

Faktencheck Moor
Die Studie „Zukunft der Moorstandorte in Niedersachsen“ des Grünlandzentrums Niedersachsen-Bremen bietet neben der sozio-ökonomischen Folgenabschätzung eine Fülle von weiteren Informationen rund um das Thema Moorschutz in den Küstenlandkreisen: von der historischen Einordnung der Entwicklung der Moorlandschaften über die Zusammenfassung des politischen und rechtlichen Rahmens bis hin zu konkreten Vorschlägen für Handlungsoptionen und einen Blick über die Grenze, wie die niederländischen Nachbarn die Herausforderung des Moorschutzes angehen. Die Studie findet sich zum kostenlosen Download im Internet:
httpss://www.gruenlandzentrum.org/wp-content/uploads/2022/08/faktencheck.pdf